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26.01.2022

Vom Probieren, Scheitern – und Gelingen

Wer sich einmal ans glutenfreie Backen gewagt hat, kennt die Herausforderung: Fehlt Gluten, das Klebereiweiss aus Getreide, ist es nicht einfach, einen Teig herzustellen, der nach dem Backen nicht auseinanderfällt und dazu auch noch schmeckt. Zu Besuch bei Nils Heiniger und dem Betty Bossi Team in ihrer Experimentierküche in Zürich Altstetten.

Vor uns in der Schüssel liegt Versuch Nummer eins. Zu Beginn sieht alles vielversprechend aus. Die einzelnen glutenfreien Zutaten für die Empanadas lassen sich gut vermischen. Doch wie lange auch geknetet wird: Der Teig wird nicht geschmeidig. Vielleicht kann ein Ei die Konsistenz retten? Ein guter Einfall…

Gut Ding hat Weile

Ja, bis die fixfertigen Brote und Kuchen fürs Magazin-Shooting gluschtig drapiert werden können, braucht es Zeit und Geduld – und manchmal noch etwas mehr Geduld. «Im Schnitt benötigen wir fünf bis sechs Versuche, bis das Resultat für alle stimmt», erzählt Nils Heiniger, Rezept-Redaktor bei Betty Bossi. Die Herausforderung ist dabei fast immer dieselbe: Mit was ersetzt man das glutenhaltige Mehl? «Neben einer Mehl-Alternative ohne Gluten braucht es mindestens zwei weitere Komponenten. Stärke – etwa Maizena – und ein Bindemittel wie Johannisbrotkernmehl», erklärt Heiniger die Grundregel des glutenfreien Backens. Dass die Mehle ohne Gluten nicht nur geschmacklich verschieden sind, sondern sich auch nicht gleich verarbeiten lassen, macht das ganze Unterfangen nicht einfacher. Aber dazu später.

Versuch Nummer zwei: Der Teig lässt sich dank des zusätzlichen Eis nun gut kneten. Nun kann er in den Kühlschrank, wo er für ein paar Minuten zur Ruhe kommt. Danach wird der Teig ausgerollt. Doch schnell ist klar: Die Masse ist zu brüchig.

Aller Anfang

Bevor überhaupt in der Küche getestet wird, steht die Kreationssitzung an: Einen ganzen Tag lang präsentieren und besprechen die Rezept-Redaktorinnen und -Redaktoren ihre Ideen, die sie im Vorfeld gesammelt haben. Meistens anhand von Bildern – etwa von Broten, Torten, Fladen, Keksen… Was lässt sich glutenfrei umsetzen? Was wünschen sich die Leserinnen und Leser? Die Rezepte werden ausgewählt und auf die Redaktoren verteilt. Es folgt der theoretische Teil. Heiniger: «Am Computer stelle ich die Zutaten und Verarbeitungsschritte zusammen, die für mich Sinn machen. Passe ich etwas später während dem Testen an, notiere ich dies sofort.»

Bei Versuch Nummer drei wird das Intermezzo im Kühlschrank ausgelassen. Gut möglich, dass der glutenfreie Teig keine Kälte mag. So wird er direkt nach dem Kneten zu Taschen geformt und gefüllt – mit duftendem Gemüse und Hackfleisch. Schön und gut schaut’s aus! Aber was passiert bei 180 Grad Celsius im Backofen: Hält der Teig oder bricht er?

Im Team stärker

Auch wenn die Zutaten als Teig harmonieren, muss man manchmal bei der Verarbeitung flexibel sein: Ein Sonntagszopf aus normalem Mehl zum Beispiel sollte nach dem Kneten nochmals aufgehen können; erst danach wird er gezöpfelt. «Das funktioniert bei der glutenfreien Variante nicht», weiss Heiniger. Hier muss direkt nach dem Kneten geflochten werden, danach lässt man den Teig aufgehen. Für solche Tricks tauschen sich die Rezeptredaktoren immer wieder untereinander aus. «Zum Glück hat immer jemand eine gute Idee, wenn man den Teig am liebsten zum Fenster rausschmeissen würde», meint Nils Heiniger und lacht.

Versuch Nummer vier: Während die Empanadas mit der dritten Teigvariante im Backofen aufgehen und fein riechen, dreht in der Küchenmaschine Teig Nummer vier mit einer nochmals anderen Mischung seine Runden. Als Backup, sozusagen – und um zu schauen, ob ein anderes Mehl doch noch eine bessere Variante sein könnte.

Erfahrung hilft

Nils Heiniger hat nicht etwa Ernährungswissenschaften oder Lebensmitteltechnologie studiert. Er ist gelernter Koch, der gerne Neues ausprobiert und Herausforderungen liebt. Ideale Voraussetzungen also, um sich an die glutenfreie Küche zu wagen. Durchs stetige Ausprobieren sowie den ständigen Austausch mit anderen hat Heiniger viel gelernt. «Jedes Rezept ist ein neuer Erfahrungswert», resümiert er. Und jedes Rezept muss präzise umgesetzt werden, ansonsten ist Scheitern vorprogrammiert. «Wir schreiben immer exakt auf, wie lange gerührt oder geknetet werden muss», erklärt der Experte. «Auch die Mengenangaben müssen genau stimmen.» Glutenfreies Backen als exakte Wissenschaft. Was die Redaktorinnen und Redaktoren immer mitbedenken: Das Rezept soll auch daheim, in einer halb so professionellen Küche, nachgekocht werden können. Und das mit Spass.

Einer Meinung

Drei Mehlmischungen, zwei Änderungen in der Zubereitungsart und eine hilfreiche Kaffeepause später tischt Nils Heiniger die Empanadas zum Probeessen auf. Der Ablauf ist klar definiert: Jeder nimmt sich einen Bissen und das erste Wort hat immer die Person, die gekocht hat. Was ist gut? Was könnte besser sein? Danach wird rege diskutiert, auch über Fehlversuche. Heiniger: «So finden wir gemeinsam heraus, was wir beim nächsten Mal anders machen.» Was schlussendlich für alle stimmt, wird als Rezept final notiert und nochmals gekocht – fürs Fotoshooting.

Nun steht also fest: Der dritte Versuch macht das Rennen. Die Zutaten sind simpel, die Verarbeitung einfach und das Resultat überzeugt. Dieses Rezept kommt ins Heft – und in Tausende Küchen.

Text erschienen im aha!magazin, das man hier kostenlos abonnieren kann.

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