Allergiekarriere

Folgt beim Säugling oder Kleinkind eine Allergieform auf die nächste, spricht man von «Allergiekarriere».

Kind bei der Kinderärztin.

Die «Allergiekarriere» umschreibt den Umstand, dass allergisch veranlagte Kinder mit zunehmendem Alter aus einer allergischen Erkrankung «herauswachsen», danach aber an einer nächsten Allergieform zu leiden beginnen. Auf die Neurodermitis folgt das Asthma bronchiale und später der Heuschnupfen.

Wann spricht man von einer Allergiekarriere?

In den meisten Fällen beginnen allergische Krankheiten bereits im Säuglings- und Kindesalter und verlaufen nach einem charakteristischen Muster: Auf das atopische Ekzem (Neurodermitis oder auch atopische Dermatitis) folgt das Asthma bronchiale und später der Heuschnupfen. Die Abfolge dieser drei atopischen Erkrankungen während der Kindheit wird als «Allergiekarriere» bezeichnet. Sie umschreibt den Umstand, dass allergisch veranlagte Kinder mit zunehmendem Alter aus einer allergischen Erkrankung «herauswachsen», danach aber an einer nächsten Allergieform zu leiden beginnen. Es können alle drei oder nur einzelne dieser Krankheiten auftreten.

Zeitlicher Ablauf

Am Anfang, also bereits im Säuglingsalter, steht in den meisten Fällen die Neurodermitis im Vordergrund. Bis zum Alter von drei Jahren sind 10–15% aller Kleinkinder davon betroffen. Bei vielen kommt es im Verlaufe der Monate und Jahre zu einer spontanen Besserung oder die juckenden Ekzeme verschwinden ganz. Rund die Hälfte der betroffenen Kinder allerdings entwickelt in der Folge ein Asthma bronchiale, nicht selten mit Symptomen bereits ab dem zweitem Lebensjahr. Ab Schulalter kommen in vielen Fällen Pollenallergien hinzu.

Vom Nahrungsmittel zum Inhalationsallergen

Die Neurodermitis beim Säugling steht in aller Regel in Verbindung mit Nahrungsmitteln. Es gilt, zwischen Sensibilisierung und Allergie zu unterscheiden. Ein Säugling mit genetischer Veranlagung kann bereits sehr früh Antikörper gegen Nahrungsmittel entwickeln, meist gegen Hühnerei und Milch. In dieser Sensibilisierungs-Phase muss es nicht unbedingt zu Allergie-Symptomen kommen. Sensibilisierungen auf Nahrungsmittel im Säuglingsalter können aber die Neurodermitis beeinflussen und erhöhen erwiesenermassen das Risiko für eine spätere Sensibilisierung auf Inhalationsallergene (z.B. Milben und Tierhaare) und die Entwicklung auf Asthma bronchiale. So bilden 45% der auf Hühnereiweiss sensibilisierten Säuglinge später auch Antikörper gegen Milben. 40% unter ihnen leiden im Alter von fünf Jahren an Asthma.

Risiko und Früherkennung

Die Neigung, bereits im Säuglings- und Kleinkindesalter an Allergien zu erkranken, hängt direkt mit der genetischen Veranlagung, mit dem Vorkommen solcher Krankheiten bei Eltern und Geschwistern zusammen. Ist ein Elternteil von einer Allergie betroffen, liegt das Risiko für eine Allergieentwicklung bei rund 30%. Haben sowohl Mutter wie Vater Allergiekrankheiten, erhöht sich das Risiko auf 50–70%. Das Erfragen der Familiengeschichte hinsichtlich Allergien ist zurzeit die einzige Möglichkeit, um Risikokinder frühzeitig zu erfassen und um präventive Massnahmen gezielt einzuleiten. Leider wird bei vielen Kindern die atopische Veranlagung erst erkannt, wenn die Allergiekarriere bereits begonnen hat: nach Auftreten der ersten Ekzeme oder wenn eine Sensibilisierung nachgewiesen worden ist. Dieser Nachweis erfolgt entweder durch Hauttests oder durch die Bestimmung spezifischer Antikörper im Blut. Diese Abklärungen können schon sehr früh im Säuglings- und Kleinkindesalter vorgenommen werden. Erschwerend für die Früherkennung ist, dass bei zwei Dritteln aller Kinder keine familiäre Vorbelastung besteht, 15% unter ihnen im Kleinkindesalter aber trotzdem an Allergien erkranken. 

Wie kann die Allergiekarriere beeinflusst werden?

Um das Risiko einer Sensibilisierungen zu senken, gibt es ein paar allgemein gültige Empfehlungen: Stillen während den ersten vier bis sechs Monaten, eine ausgewogene Ernährung und der Rauchverzicht während wie auch nach der Schwangerschaft. Einfache und kostengünstige Massnahmen zur Hausstaubmilbenreduktion im Schlafbereich können auch einen positiven Einfluss haben. Bei Säuglingen mit atopischer Veranlagung wird zudem empfohlen, bei der Ernährung fachlichen Rat einzuholen. Das Entfernen eines Haustieres aus dem Haushalt von Familien mit Risikokindern ist nach heutiger Lehrmeinung nicht mehr oberstes Gebot. Anders die Situation, wenn das Kind eine Allergie auf Tierhaare hat. Allergenreduktion und andere präventive Massnahmen sollen dazu beitragen, dass bei Kindern mit atopischer Veranlagung Sensibilisierungen vermieden werden. Ist eine solche bereits festgestellt worden oder sind erste Krankheitssymptome aufgetreten, müssen präventive und therapeutische Massnahmen dahin zielen, das Spektrum weiterer Sensibilisierungen einzugrenzen und das Auftreten weiterer Allergien zu verhindern.

Autor: Dr. med. Peter Eng, Facharzt für pädiatrische Pneumologie und Allergologie (Kinderspitäler Aarau und Luzern)

Redaktion: aha! Allergiezentrum Schweiz, in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftlichen Beirat. Für Prävalenzzahlen siehe Quellenverweise.